Montag, 30. April 2012

Windbranche will Stromnetze in Eigenregie ausbauen

Die Windkraftbranche will einen Teil des weiterhin stockenden Netzausbaus in Deutschland in die eigene Hand nehmen und den erneuerbaren Energien so zusätzlichen Schub verleihen. Der Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE), Hermann Albers, forderte die Bundesregierung am heutigen Dienstag am Rande der Hannover Messe auf, ein Konzept zur Finanzierung und rechtlichen Absicherung für den Bau sogenannter Einspeisenetze zu entwickeln.

Diese lokalen Teilnetze können Albers zufolge die Stromerzeugung einzelner Anlagen oder Windparks bündeln und Schnittstellen zu überregionalen Übertragungsnetzen bilden. So lasse sich auch die zu geringe Kapazität bestehender Verteilnetze relativ rasch ergänzen.

Eine vom Verband in Auftrag gegebene Studie der Beratungsfirma Ecofys habe entsprechende Einsparpotenziale sowie eine Beschleunigung des Netzausbaus durch eigene Einspeisenetze der Anlagenbetreiber angedeutet, sagte der BWE-Chef: "Es gibt nichts Günstigeres, als solche Puffer zu bilden, in denen man das Netz ausbaut." Dies liege auch daran, dass dabei nicht – wie bei großen Netzen – teure Reservekapazitäten für Ausfälle bereitgehalten werden müssten.

Zur Finanzierung empfiehlt der Verband ein Modell, das den bisherigen Netzentgelten ähnelt, die Betreiber großer Netze von den Nutzern erhalten. "Wir fordern die Bundesregierung auf, einen Mechanismus der Netzumlage einzuführen", sagte Albers. "Die rechtlichen Möglichkeiten hierfür sollten geklärt werden", fügte Ecofys-Experte Marco Nicolosi hinzu.

Grundsätzlich verlaufe der Netzausbau in der Bundesrepublik zu schleppend, etliche Windkraftunternehmen würden bereits darunter leiden und müssten Anlagen abschalten: "Ein Jahr nach Fukushima geht es uns nicht unbedingt besser", stellte Albers fest. Der für dieses Jahr geplante Kapazitätsausbau in der Windkraft um weitere 2000 bis 2300 Megawatt bleibe hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Auch die Ausbau der Hochspannungsnetze sei erforderlich, räumte der BWE-Chef ein.


Transport eines Rotorblatts in Schleswig-Holstein
Bild: BWE/Heiko Jessen Mit Blick auf die wachsende Konkurrenz aus China gab sich Albers gelassen: "Ich glaube, dass die europäische und deutsche Windindustrie hervorragend aufgestellt ist." Das Vordringen von mittlerweile fünf chinesischen Anbietern unter die weltweiten Top Ten liege vor allem an der immensen Größe des chinesischen Heimatmarktes.

Nach Einschätzung des TÜV Rheinland droht deutschen Windradbauern dagegen ein ähnlicher Niedergang wie der unter asiatischer Billigkonkurrenz leidenden Solarindustrie. Jörg Müller, Chef des brandenburgischen Betreibers Enertrag, sieht die Konkurrenz aus dem diesjährigen Partnerland der Hannover Messe gelassener: "Windkraftanlagen sind Schwersttransporte. Es macht keinen Sinn, die über einen ganzen Kontinent zu fahren." (dpa) / (ssu)


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