Montag, 30. April 2012

Gamestage: Spielebranche debattiert über "illegale Fans" und das Copyright

Spieleverleger müssten aufpassen, dass sie ihre Kunden nicht durch überzogenen Urheberrechts- und mangelnden Datenschutz vergraulen, waren sich Experten auf der Entwicklerkonferenz "Quo vadis" in Berlin einig. "Ich rege mich auf, wenn gebrauchte Spiele geblockt werden und nicht mehr auf verschiedenen Konsolen gespielt werden dürfen", betonte Heiko Gogolin, Leiter einer Videospiel-Sendung und Mitbesitzer des Plattenlabels Pingipung. Zu viele Restriktionen könnten dazu führen, dass illegale Angebote einfacher genutzt werden könnten als gekaufte. Die Gamesbranche stehe also vor ähnlichen Problemen wie die Musikindustrie, wo der Kopierschutz nicht funktioniert habe.


Von links nach rechts: Sina Kamala Kaufmann, Maximilian Schenk, Moderatorin Yve Fehring, Janette Hofmann, Heiko Gogolin, Markus Beckedahl Vergrößern
Bild: Stefan Krempl "Ich möchte das Recht haben, gekaufte Werke weiterzuverschenken oder zu verkaufen", ergänzte Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl auf der Veranstaltung im Rahmen der Deutschen Gamestage. Ihn ärgere es auch, wenn Spiele wie Siedler 7 erforderten, ständig online sein zu müssen. Bei schlecht funktionierenden WLAN- oder Mobilfunkverbindungen sei das Strategie-Abenteuer so nicht spielbar. Die aktuelle Debatte zum Urheberrecht zeige, dass sich "viele junge Menschen in ihrer digitalen Lebenswelt und in ihrer Kommunikationsfreiheit bedroht fühlen". Das Copyright müsse wieder so gestaltet werden, "dass man als einfacher Nutzer gar nicht damit in Berührung kommt".

Jeanette Hofmann, Forscherin am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), monierte, dass die derzeitigen "Wutdebatten der Rechteinhaber" wenig lösungsorientiert seien. Das Urheberrecht selbst stehe weniger in der Kritik, vielmehr werde letztlich auf das Vertragsrecht für Kreative oder auf die Verwertungsgesellschaften abgezielt, meinte die Gründungsdirektorin des Alexander-von-Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft. Entwickler dürften die Nutzer nicht mehr als "passive Schafe" ansehen, sondern müssten ihnen Mitbestimmungsrechte an Geschäftsbedingungen oder gar an Produkten einräumen.

Neue Modelle wie "Free to Play" stellten den Verkauf von "Boxen", die bis zu 60 oder 70 Euro kosten, in Frage, hielt Sina Kamala Kaufmann vom Spieleentwickler Wooga fest. Sie setzt große Hoffnungen auf das "Freemium"-Modell; hier erwerben Spieler eine "kostenpflichtige Sonderleistung" und könnten damit ein Game auch honorieren. Micropayment-Angebote würden von Zeitungsverlegern oder anderen Inhalteproduzenten noch zu wenig bedacht.

Freemium sei 2011 rasant gewachsen, meinte auch Maximilian Schenk, Geschäftsführer des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU). Das Modell sei "charmant", die Konfrontation mit "illegalen Fans" werde größtenteils vermieden. Er unterstrich, dass es "keine Vertrauenskrise" zwischen Verlegern und Nutzern in der Branche gebe: "Die Firmen sind Verbündete der Gamer." Die Spieleindustrie habe es bestens verstanden, sich mit neuen Distributionswegen auseinanderzusetzen. Je mehr Nutzer nichts bezahlen, desto mehr müssten aber die Preise steigen oder mehr an Plattformen angebunden werden, konstatierte Schenk.

Das Urheberrecht müsse modernisiert werden, betonte Schenk. Zugleich bedauerte er, dass die internationale Staatengemeinschaft sich hier in vielen Punkten "durch die Schwestern von ACTA" seit Jahrzehnten stark gebunden habe. Die Software-Industrie leide unter der gegenwärtigen Rechtslage, da dort in der Entwicklung in großem Ausmaß aufeinander aufgebaut werde und einzelne Module immer wieder genutzt würden. "Bei Ideen wie Sharing oder Flexibilität sind die anglo-amerikanischen Gesetze viel besser", befand Schenk. Er plädierte daher dafür, eine vergleichbare "Fair-Use"-Bestimmung auch im europäischen Urheberrecht zu verankern. (Stefan Krempl) / (anw)


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