Das FBI hat Mitte der Woche einen Server des European Counter Network (ECN) in New York beschlagnahmt, auf dem unter anderem ein Mixmaster-Dienst zum Versand anonymer E-Mails lief. Dies haben die Betreiber des betroffenen Rechenzentrums, die alternativen Provider Riseup Networks und May First/People Link bekannt gegeben. Die Maßnahme sei Teil der Ermittlungen der US-Polizeibehörde aufgrund wiederholter Bombendrohungen
gegen die Universität Pittsburgh gewesen. Die Zugangsanbieter und die
mit ihnen verknüpften Aktivistengruppen sprechen von einem Vorgehen mit
dem Vorschlaghammer, da auch zahlreiche über den Server bereit gehaltene
Bürgerrechtsprojekte vom Netz gegangen seien.
Das ECN gilt als eine der ältesten unabhängigen Zugangsinitiativen
zum Internet in Europa. Auf dem beschlagnahmten Rechner liefen den
Betroffenen zufolge zwischen 50 und 80 Mailinglisten, darunter eine
italienische Kommunikationsplattform zu "Cyber Rights" und eine
Solidaritätsgruppe mexikanischer Immigranten. Insgesamt seien darüber
über 300 E-Mail-Konten des ECN abgewickelt worden. Mit der Aktion seien
ferner mehrere Webseiten von Forschern, Künstlern, Historikern und
Aktivistengruppen von der Online-Welt abgeschnitten worden. Da die
Remailer-Software so programmiert sei, dass sie keine Verbindungsdaten
aufzeichne, dürften die Ermittler dagegen keine ermittlungsrelevanten
Spuren entdecken.
Man könne die Ängste der Hochschulgemeinde in Pittsburgh zwar
nachvollziehen, erklärte ein Riseup-Sprecher. Die Entführung des Servers
werde die Bombendrohungen aber nicht stoppen, da der
Anonymisierungsdienst an sich damit auch nicht zu unterbinden sei. Die
"drastische Methode" sei gänzlich fehlgeleitet, zumal die Behörden
hätten wissen müssen, dass sie keine sachdienlichen Hinweise dadurch
erhalten könnten. Das Mixmaster-Netzwerk richte sich gegen Zensur und
fördere den Datenschutz, was sich vor allem Menschenrechtsaktivisten
oder Whistleblower zunutze machten. Die Missbrauchrate sei dagegen sehr
niedrig.
Auch hierzulande sind Anonymisierungsserver immer wieder ins Visier der Strafverfolger
geraten. 2007 sah sich etwa der Düsseldorfer Betreiber eines
Tor-Knotens nach einer Wohnungsdurchsuchung durch die Polizei genötigt, den Server abzuschalten. 2006 hatte die Staatsanwaltschaft Konstanz im Rahmen von Aktionen gegen Kinderpornographie mehrere Tor-Rechner beschlagnahmt. Der Chaos Computer Club (CCC) geht aber nicht von gezielten staatlichen Repressionsmaßnahmen aus. (Stefan Krempl)
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